Durch die Aufstockung von Gebäuden könnten nach Schätzung von Experten bis zu 2,7 Mio. neue Wohnungen in Deutschland entstehen. Für private Eigentümer von Häusern in Hamburg bieten sich große Potenziale, durch eine Aufstockung oder den Ausbau des Dachgeschosses den Wert ihrer Immobilie zu steigern. Die Hansestadt Hamburg hatte die Aufstockung von Gebäuden und den Ausbau von Dachgeschosses durch eine Reform des Landesbauordnung 2018 spürbar erleichtert und zahlreiche Pflichten aufgeweicht.
Fachleute der TU Darmstadt hatten in ihrer „Deutschlandstudie“ untersucht, welche Potenziale die Aufstockung von verschiedene Gebäudetypen in deutschen Städten für neue Wohnungen bietet. Ihrer Ansicht nach bieten Aufstockungen zahlreiche Vorteile gegenüber vollständigen Neubauten bei der Schaffung von neuem Wohnraum:
- Der Grundstückskauf entfällt und damit in attraktiven Lagen der größte Kostenfaktor
- Energetisch optimierte Aufstockungen verbessern die Energieeffizienz des gesamten Hauses
- Es wird kein zusätzliches Bauland benötigt und Grünflächen bleiben unversiegelt
Hamburger Senat erleichterte bereits 2018 Aufstockung und Dachausbau
Der Hamburger Senat hatte 2018 eine Anpassung der Landesbauordnung verabschiedet, um Aufstockungen und Dachausbauten zu erleichtern. Wichtigste Anpassung war, dass die Pflicht zum Einbau von Aufzügen entfiel. In der Entscheidung des Senats heißt es dazu: „…entfällt zukünftig die Pflicht zur Herstellung von Aufzügen, wenn bei bestehenden Gebäuden zusätzlicher Wohnraum durch Änderung des Dachgeschosses oder durch Aufstockung um zusätzliche Geschosse geschaffen wird.“ Denn eigentlich müssen neu errichtete Wohnflächen einen Aufzug aufweisen, wenn sie mehr als 13m oberhalb der maßgeblichen Geländehöhe liegen.
Zusätzlich erlaubt es die Änderung der Hamburger Bauordnung im Rahmen von sogenannten „Abweichungstatbeständen“ weitere Regeln im konkreten Fall aufzuweichen, wenn „das Vorhaben ansonsten nicht oder nur mit unzumutbarem Aufwand verwirklicht werden kann und die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht gefährdet werden, insbesondere wenn keine Bedenken wegen des Brandschutzes bestehen“, schreibt die Hamburger Stadtentwicklungsbehörde dazu. Als solche Abweichung können laut der Senatsbehörde zum Beispiel in Betracht kommen:
- Verzicht auf Kinderspielplätze
- Treppenräume, die in den oberen Geschossen nicht in einem Zuge durchgehen
- Unterschreitung der lichten Raumhöhe beim Dachgeschossausbau
- die Reduzierung der Größe bzw. Verzicht auf Abstellräume (auch für Kinderwagen)
Um über die Aufstockungen zu informieren, hat der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW die Initiative „100 Tausend Dächer“ gegründet. Ihrer Ansicht nach eignen sich nicht nur Wohnhäuser zur Schaffung neuer Wohnungen durch Aufstockungen. Sie sehen ein ebenso großes Potenzial in der Aufstockung von Geschäfts- und Gewerbeimmobilien oder Parkhäusern. In Hamburg gibt es bereits eine Reihe von Beispielen für solche Misch-Nutzungen, zum Beispiel der Aldi-Markt in der Osterfeldstraße, bei dem in den Obergeschossen 16 Wohnungen errichtet wurden, oder der Fröbel-Kindergarten auf dem Dach des Parkhauses vom Wandsbek Quarree.
Hamburg ist besonders dünn besiedelt
Die Gefahr einer zu starken Verdichtung durch die Aufstockungen sieht der Autor der „Deutschlandstudie“, Architekturprofessor Karsten Ulrich Tichelmann von der TU Darmstadt, nicht. Denn laut seinen Zahlen ist die Einwohnerdichte bei als besonders lebenswert geltenden Städten wie Wien und Genf dreimal so hoch wie in Hamburg. In der Hansestadt leben je Quadratkilometer 2.340 Menschen, gegenüber 4.060 in Berlin, 4.670 in München, 12.600 in London oder 21.290 in Paris. Entsprechend ist Hamburg im weltweiten Vergleich eher dünn besiedelt.
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