Solaranlage Pflicht auf Dächern von Neubauten in Hamburg

Hamburg: Pflicht zu Solaranlagen und Umwelt-Heizungen

Ab 2023 müssen auf allen Neubauten inklusive Wohnhäusern in Hamburg Solaranlagen installiert werden. Zwei Jahre später gilt die Pflicht zusätzlich für alle Bestandsgebäude, bei denen das Dach grundliegend saniert wird. So hat es der Hamburger Senat Ende 2020 mit seiner Verordnung zum Hamburgischen Klimaschutzgesetz beschlossen. Außerdem müssen bereits ab Mitte 2021 beim Austausch von Heizungen 15% des Wärmeenergiebedarfs aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden, berichtet das Immobilien-Nachrichtenportal haufe.de. Die Hamburger Umweltbehörde hofft durch die Maßnahmen auf Einsparungen von bis zu 60.000 Tonnen CO2 bis 2030.

Ab dem 1. Juli 2021 müssen beim Tausch oder nachträglichen Einbau einer zentralen Heizungsanlage 15% des Wärmeenergiebedarfs aus erneuerbaren Energiequellen gedeckt werden. Neue Gebäude sind von der Neu-Regelung ausgenommen, weil diese Pflicht für sie ohnehin schon bestand. Die neue Pflicht gilt demnach für alle Gebäude, die vor dem Inkrafttreten des „Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz“ Anfang 2009 errichtet wurden.

Viele Möglichkeiten um 15%-Anteil bei Heizung zu erzielen

Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan sagte dazu laut einer Mitteilung seiner Behörde: „Beim Mindestanteil von 15 Prozent Erneuerbaren Energien in neuen Heizungsanlagen setzen wir auf zuverlässige und erprobte Technologien wie etwa der Nutzung von Biomasse, Solarthermie und Umweltwärme, aber künftig auch auf technische Innovationen wie Brennstoffzellentechnik.“ Wo die Möglichkeit bestehe, sich an ein Wärmenetz anzuschließen, das Wärme mit einem entsprechenden Anteil Erneuerbarer Energien liefern kann, könne laut Kerstan auch diese Möglichkeit genutzt werden. Ferner kommen ein baulicher Wärmeschutz, ein Sanierungsfahrplan oder eine Quartierslösung in Frage.

Vom 1. Januar 2023 an gilt in Hamburg eine Pflicht zum Bau von Solaranlagen auf den Dächern aller Neubauten. Zwei Jahre später folgt dieser Zwang auch für Bestandsbauten bei einer vollständigen Erneuerung der Dachhaut. Eine Befreiung von der Pflicht gilt nur für den Fall, dass der Einbau technisch nicht möglich, gefährlich oder wirtschaftlich nicht vertretbar ist. Die Umweltbehörde hat für die Solaranlagen eine Amortisationszeit von 20 Jahren zugrunde gelegt. Wenn die Amortisation länger dauert, entfällt die Pflicht zum Bau der Anlage. Eine Mindestgröße für die Solaranlagen gibt die Rechtsverordnung laut dem Bericht von haufe.de nicht vor.

Laut einem Bericht im Hamburger Abendblatt, rechnen Fachleute mit einer Befreiung von der Solardachpflicht in nur rund 5% der Fälle. Insgesamt kalkuliert die Umweltbehörde mit jährlich 1.800 Anlagen auf Neubauten in Hamburg und rund 5.000 auf Bestandsgebäuden, deren Dächer erneuert werden. Bis 2030 sollen die Anlagen eine Gesamtleistung von über 200 Megawatt erbringen und damit zum Klimaschutz in der Hansestadt beitragen.

Befreiung von der Installationspflicht bei mangelnder Amortisation

Auch im Bundesland Berlin soll die die Installation der Solardächer nach dem Willen der Landesregierung ab Anfang 2023 obligatorisch werden. Wie in Hamburg soll die Pflicht sowohl für Wohn- als auch Gewerbeimmobilien gelten. Betroffen wären auch Bestandsbauten im Fall grundlegender Dachsanierungen. Ausgenommen von der Pflicht sollen Garagen, Traglufthallen und Häuser mit weniger als 50 Quadratmeter Nutzfläche sein. Außerdem ist eine Härtefallregelung vorgesehen. Ähnliche Regelungen gibt es in Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein. Laut einem Bericht von haufe.de planen die Grünen sogar eine bundesweite Pflicht nach der Bundestagswahl 2021.

Die Zeitung B.Z. zitiert auf ihrer Webseite die Berliner Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne): „Berlin ist nicht der perfekte Standort für Wind-Energie. Der Schatz, den wir haben, sind die Dächer der Stadt.“ Die eigneten sich laut Pop bestens für Photovoltaik-Anlagen. Allerdings steigen damit auch die Baukosten. Wie die B-Z. weiter berichtet, rechnet Pop mit 2,9 Prozent Mehrkosten (im Durchschnitt 7.800 Euro) bei Einfamilienhäusern und 1 Prozent (20.000 Euro) bei Mehrfamilienhäusern.

Keine allgemeine Solardachpflicht wird es in naher Zukunft hingegen in Niedersachen und damit den an Hamburg angrenzenden Kreisen Harburg und Stade geben. Die Landesregierung hat bei der Novellierung der Bauordnung die Solarpflicht nur für Dächer gewerblich genutzter Gebäude sowie für große Dachflächen von mehr als 75 m2 beschlossen, wie haufe.de berichtet.

CDU und Wohnungswirtschaft kritisieren Solarpflicht heftig

In Hamburg kritisieren CDU-Opposition und Wohnungswirtschaft die Pläne heftig. Es sei „grundverkehrt“, dass der Senat auf Zwang setze, statt auf Anreize wie eine Solarförderung, hieß es laut Hamburger Abendblatt aus der Landes-CDU in der Bürgerschaft. Zudem werde diese Maßnahme für steigende Baukosten und höhere Mieten sorgen. Die FDP-Bürgerschaftsabgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein sagte: „Für die Bürger ist jetzt schon klar: Das Wohnen wird teurer.“

Grünen-Fraktionschef Anjes Tjarks argumentierte gemäß dem Bericht ähnlich wie seine Berliner Kollegin: „Von den 8000 Windrädern, die es in Norddeutschland gibt, stehen 80 bei uns, weil Hamburg nicht der geeigneteste Windstandort ist. Deswegen müssen wir für die Produktion von erneuerbarem Strom unsere Dächer nutzen.“

Kritik an den Hamburger Solar-Plänen für Neubauten kommt auch aus der Wissenschaft. Grischa Perino, Professor für Umweltökonomie an der Universität Hamburg, sagte dem Hamburger Abendblatt in einem Interview: „Ich wäre vorsichtig damit, den Bürgern für Klimaschutzmaßnahmen eine bestimmte Technologie vorzuschreiben. Das kann schiefgehen (…). Hamburg ist nicht unbedingt für viele Sonnenstunden bekannt. In etlichen Fällen mag eine Solaranlage zur Stromerzeugung sinnvoll sein, aber längst nicht überall. Es gibt etliche Standorte, wo man für das gleiche Geld mit anderen Maßnahmen mehr Klimaschutz erreichen kann.“

Genau in dieselbe Kerbe schlagen die wohnungswirtschaftlichen Verbände der Hansestadt: „Anstatt starrer Regulatorik benötigen wir Innovationsspielräume, die zum Beispiel den Aufbau einer dezentralen Energieerzeugung, Quartiersmodelle oder Konzepte für E-Mobilität ermöglichen. Eine technologie-offene Umsetzung der Klimaschutzvorgaben ist in unseren Augen wesentlich zielführender“, lautet das Fazit in einer gemeinsamen Stellungnahme von BFW Landesverband Nord, Grundeigentümer-Verband Hamburg sowie IVD Nord.

Foto: hansenn/istockphoto.com

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