Wer ein Haus oder eine Wohnung erbt, sieht sich oftmals einer sehr anspruchsvollen Situation gegenüber. Ein Angehöriger ist verstorben, für viele bedeutet das einen schweren emotionalen Verlust. Gleichzeitig müssen viele kleine und große Dinge geregelt werden, ständig tauchen neue Fragen auf. Als besonders herausfordernd stellt sich die Situation dar, wenn eine Immobilie Teil des Erbes ist. Daher möchten wir an dieser Stelle eine Übersicht geben, was nach dem Erben einer Immobilie von den Angehörigen beachtet werden sollte. Denn die wirtschaftlichen Konsequenzen können für die Betroffenen gravierend sein. Und: Viele Themen beim Vererben von Immobilien lassen sich zu Lebzeiten regeln.
An dieser Stelle möchten wir darauf hinweisen, dass wir als Immobilienmakler keine anwaltliche oder steuerrechtliche Beratung vornehmen. Wir empfehlen Betroffenen, sich bei Unklarheiten fachlich durch einen Anwalt oder Steuerberater beraten zu lassen. Gern vermitteln wir Ihnen regionale Experten. Nehmen Sie dazu bitte Kontakt mit uns auf.
Der Erbfall
Wenn kein Testament oder Erbvertrag vorliegt, gilt die gesetzliche Erbfolge. Sie regelt, wie die Erbschaft an die Hinterbliebenen verteilt wird. Eine Sonderstellung haben Ehepartner bzw. eingetragene Lebenspartner. Sie erhalten trotz fehlendem Verwandtschaftsverhältnis stets einen Teil des Erbes abhängig vom Güterstand. Kinderlose Paare können übrigens nicht automatisch davon ausgehen, dass der Partner Alleinerbe ist. Im ersten Schritt nach dem Erbfall ist daher zu klären, ob ein Testament oder Erbvertrag existieren. Im Falle einer notariellen Beurkundung liegen das Testament oder der Erbvertrag dem Nachlassgericht vor. Das Gericht eröffnet typischerweise binnen 6 Wochen das Testament. Nach dessen Eröffnung kann es unter Umständen durch die Hinterbliebenen angefochten werden. Falls ein enger Angehöriger oder Partner durch den Erblasser enterbt wurde, kann der Betroffene bis zu 3 Jahre lang einen Anspruch auf einen hälftigen Pflichtteilsanspruch geltend machen. Eine Besonderheit ist das sogenannte Vermächtnis. Dadurch können Dritte vom Erblasser aus dem Erbe bedacht werden. Der Vermächtnisnehmer muss diesen Anspruch gegen die Erben geltend machen, wird dadurch aber nicht Mitglied der Erbengemeinschaft.
Die Erbschaft ausschlagen?
Wenn der Erbfall eintritt, hat der Gesetzgeber leider wenig Geduld mit den Trauernden. Binnen gerademal 6 Wochen nach Kenntnisnahme müssen Erben entscheiden, ob sie das Erbe bzw. den Erbteil annehmen oder ausschlagen. Im Fall von Immobilien ist es gar nicht einfach, sich in dieser Frist einen vollständigen Überblick über die wirtschaftlichen Umstände zu verschaffen. Gibt es Dienstbarkeiten, Grundschulden, Darlehen oder andere Schulden? Wie viel ist die Immobilie wert und in welchem Zustand ist sie? Am Ende kann der tatsächlich geerbte Wert deutlich niedriger ausfallen, als es zunächst den Anschein hatte. Dazu kommen schnell erhebliche Kosten für Versicherungen, Grundsteuer sowie weitere Abgaben oder das Wohngeld im Falle einer WEG. Falls der Erblasser stark verschuldet oder gar überschuldet war, könnte es ratsam sein, das Erbe auszuschlagen. Eine Checkliste, wie Sie die wirtschaftlichen Verhältnisse einer Immobilie prüfen können, findet sich hier. Eine Option besteht auch darin, eine Nachlassverwaltung zu beantragen.
Das Erbe annehmen
Die Annahme der Erbschaft erfolgt typischerweise durch Verstreichen der genannten 6-Wochen-Frist. Oftmals wird durch den Erben oder ein Mitglied der Erbengemeinschaft ein Erbschein beim Nachlassgericht benantragt. Der Erbschein dient dazu, für Rechtssicherheit zu sorgen und die Erben als solche gegenüber Dritten zu legitimieren. Ein Muss ist er jedoch nicht, auch nicht im Falle von vererbten Immobilien. Denn die Kosten können schnell in den vierstelligen Bereich klettern. Für die Ausstellung des Erbscheins müssen Antragsteller mit einer Dauer von mehreren Wochen rechnen. Es sind zahlreiche Unterlagen vorzulegen, abhängig davon ob ein Testament vorliegt. Zuständig ist das Nachlassgericht am letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort des Erblassers. Der Antrag sollte erst gestellt werden, wenn klar ist, dass das Erbe nicht ausschlagen wird. Mit Annahme des Erbes wird man endgültig Rechtsnachfolger des Erblassers. Das bedeutet, dass alle Rechte und Pflichten des Verstorbenen auf den Erben oder die Erben übergehen.
Erbschaftssteuer
Gemäß dem geltenden Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht müssen Erben in Deutschland unter Umständen bis zu 50% an den Fiskus abführen. Im Details sollte die Steuerpflicht am besten durch einen Steuerberater bestimmt bzw. geprüft werden, denn eine Vielzahl von Faktoren ist dabei zu berückschtigen.
Am bekanntesten sind die Tabellen für die Erbschaftssteuer-Freibeträge und den Erbschaftssteuer-Steuersatz, die wir im folgenden wiedergeben.
Tabelle der Erbschaftssteuer-Freibeträge
(vereinfachte Darstellung, für Details siehe §16 ErbStG)
Erwerber | Freibetrag |
Ehegatte/eingetragener Lebenspartner | 500.000 Euro |
Kinder | 400.000 Euro |
Enkel | 200.000 Euro |
Geschwister | 20.000 Euro |
Alle sonstigen Erben | 20.000 Euro |
Tabelle für den Erbschaftssteuer-Steuersatz
(die Steuerklassen bezeichnen die Erbschaftssteuer-Steuerklasse)
Wert des Erbes | Steuerklasse I | Steuerklasse II | Steuerklasse III |
bis 75.000 Euro | 7% | 15% | 30% |
bis 300.000 Euro | 11% | 20% | 30% |
bis 600.000 Euro | 15% | 25% | 30% |
bis 6 Mio. Euro | 19% | 30% | 30% |
bis 13 Mio. Euro | 23% | 35% | 50% |
bis 26 Mio. Euro | 27% | 40% | 50% |
ab 26 Mio. Euro | 30% | 43% | 50% |
Sonderregeln bei Immobilien
Die Erbschaftssteuer kann Erben empfindlich treffen, vor allem wenn die vererbten Vermögensgegenstände nicht leicht in liquide Mittel umgewandelt werden können. Für Ehepartner/Lebenspartner und Kinder gibt es daher eine wichtige Sonderregel: Wenn sie eine Immobilie zehn Jahre lang nach dem Erbe selbst zu Wohnzwecken nutzen, bleibt das Erben der Immobilie steuerfrei. Bei Kinder gilt diese Befreiung bis zu einer Wohnfläche von 200qm (sofern der Freibetrag schon ausgeschöpft ist). Eine weitere 90%-Sonderregel gilt, wenn die geerbte Immobilie zu Wohnzwecken vermietet wird.
Erbengemeinschaft
Wenn das Erbe nicht einer Person allein zugedacht wird, bildet sich eine Erbengemeinschaft in Form einer sogenannten „Gesamthandsgemeinschaft“. Keiner der Erben darf dann allein über das Erbe verfügen, also auch nicht über eine geerbte Immobilie. Das Erbe wird von allen Mitgliedern der Gemeinschaft gemeinsam verwaltet. Leider kommt es in Erbengemeinschaften oft zum Streit. Das gilt insbesondere dann, wenn das Elternhaus Teil des Erbes ist oder sogar seinen wesentlichen Bestandteil darstellt. Denn leider können sich die Erben mitunter nicht darüber veständigen, was mit der Immobilie geschehen soll. Das gilt vor allem, wenn ein Erbe beansprucht, das Haus weiter zu bewohnen. Noch komplizierter wird es, wenn dieser Erbe geltend macht, dass er bereits in die Immobilie investiert oder andere Ansprüche gegen die Erbengemeinschaft hat.
Haus geerbt – was tun?
Wird eine Immobilie vererbt, kommt es in der Regel zu einer der folgenden Lösungen:
- Das Haus wird verkauft
- Das Haus wird vermietet
- Das Haus wird selbst bewohnt
- Das Haus wird versteigert
Wichtig ist in jedem Fall, die Immobilie im Grundbuch zügig auf die Erbin, den Erben oder die Erben umzuschreiben. Dazu ist die Erbfolge nachzuweisen. Für einen gewissen Zeitraum gilt für die Änderung eine Befreiung von den Grundbuchgebühren.
Haus verkaufen
Wenn die Erben entscheiden, das geerbte Haus zu verkaufen, kann der Erlös nach Rückzahlung aller Schulden (ggfs. unter Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung) unter den Erben gemäß den Erbquoten aufgeteilt werden. Das kann Auseinandersetzungen der Erben untereinander unter Umständen verhindern. Eventuelle Erbschaftssteuern können so ebenfalls an das Finanzamt gezahlt werden. Ein Verkauf des Hauses kann auch dann vorteilhaft sein, wenn ein hoher Sanierungsbedarf besteht, es sich schlecht vermieten lässt oder keiner der Erben Zeit hat, sich um die Immobilie zu kümmern. Nachteilig können die anfallende Erbschaftssteuer oder die Räumungskosten sein. Erschwerend kann ferner ein Wohnrecht für einen Lebenpartner des Verstorbenen sein, das im Fall der Veräußerung bewertet und ausgezahlt werden muss. Sollten Sie einen Verkauf eines geerbten Hauses in Erwägung ziehen, stehen wir Ihnen als Ansprechpartner und Ihr persönlicher Makler selbstständlich zur Verfügung.
Haus vermieten
In einer attraktiven Stadt wie Hamburg ist die Vermietung der geerbten Immobilie eine mögliche Alternative zu deren Verkauf. So bleibt das Vermögen erhalten und es werden für die Erben laufende Einnahmen aus der Miete erzielt. Auch bleibt es so möglich, die Immobilie zu einem späteren Zeitpunkt selbst zu nutzen. Problematisch ist, dass für die Vermietung neben der Räumung auch eine Sanierung erforderlich sein kann und die Vermietung einen gewissen Aufwand und Fachkenntnise erfordert. Wenn diese Aufgabe einem Mitglied der Erbengemeinschaft zufällt, fühlt dieser sich womöglich ausgenutzt. Ferner erfordert die Immobilie laufende Instandhaltung und es müssen jene Kosten getragen werden, die nicht auf den Mieter umlegbar sind. Ferner sollten die Mieterlöse nicht überschätzt werden, wenn sie unter den Erben aufgeteilt werden. Zuletzt unterliegen die Mieteinkünfte der Einkommensteuer des Empfängers.
Haus selbst bewohnen
Manche Erben möchten nach dem Tod des Angehörigen die geerbte Immobilie selbst bewohnen. Sofern eine Erbengemeinschaft besteht, ist das oftmals der komplizierteste Fall. Denn er erfordert einen Ausgleich der Erben untereinander. Finanziell vorteilhaft ist, dass für diesen Immobilienerwerb keine Kaufnebenkosten wie Grunderwerbsteuer oder eine Maklercourtage anfallen. Außerdem entfällt meist die Erbschaftssteuer, wenn die Immobilie mindestens für 10 Jahre selbst genutzt wird. Entscheidend für eine solche Übernahme der Immobilie ist im Fall der Erbengemeinschaft, sich mit den anderen Erben zu verständigen. Denn womöglich hat auch ein anderer Erbe Interesse an der Immobilie. Außerdem muss der übernehmende Erbe in den womöglich erforderlichen Schuldendienst eintreten und die anderen Erben gemäß ihren Anteilen auszahlen. Dazu müssen sich die Erben auf einen Wert für die Immobilie einigen, was im Regelfall die Erstellung eines Gutachtens erforderlich macht. Hinweise zu einer solchen Wertermittlung geben wir hier. Am Ende muss der Erbe, der die Immobilie übernimmt, über die finanziellen Mittel verfügen, um die Miterben auszuzahlen, mögliche Schulden zu bedienen und die Immobilie zu unterhalten und instandzuhalten.
Haus versteigern
Können sich die Erben über die Immobilie nicht einigen, kann ähnlich wie bei einer strittigen Scheidung eine Teilungsversteigerung beantragt werden. Wie bei der Scheidung auch, führt das aber in der Regel zu einem erheblichen finanziellen Schaden durch die öffentliche Versteigerung. Es ist daher dringend anzuraten, trotz aller Widrigkeiten als Erbengemeinschaft einen gemeinsamen Weg aus der Situation zu finden.
Foto: Geber86/istockphoto.com